DER BERLISCHKY-PAVILLON




Kirche französischer Refugies, Gedächtnishalle und kleiner Konzertsaal

Die Geschichte dieses spätbarocken Gebäudes beginnt Jahrzehnte vor seinem Baubeginn. Im Jahre 1685 treffen zwei Ereignisse zusammen. Es sind das Erscheinen des für Brandenburg so bedeutsamen Potsdamer Edikts und die Übernahme der Herrschaft Schwedts durch Dorothea von Holstein-Glücksburg, die 2. Gemahlin des Großen Kurfürsten Friedrich Wilhelm.
Im Edikt von Potsdam werden die in Frankreich unterdrückten reformierten Glaubensbrüder in Brandenburg willkommen geheißen und neben einer Reihe von Privilegien wird ihnen auch die freie Ausübung ihrer Lehre zugesichert. Obwohl es in und um Schwedt wenig freies Land zur Bewirtschaftung gibt, wird hier bereits nach einem Jahr, 1686, die französisch-reformierte Kolonie Schwedt-Vierraden gegründet. Zuerst ist es in Schwedt eine in sich geschlossene Ansiedlung im Bereich des heutigen Marchlewski-Viertels. Hier in Schwedt können die fremden
Ankömmlinge sicher sein, daß auch alle Versprechen des Edikts eingehalten werden.
Mit der Jahreszahl 1688 sind die ersten Eintragungen in die Kirchenbücher der neuen Gemeinde versehen. Als Gotteshaus hat ihnen die Kurfürstin die Schloßkapelle zugewiesen. Diese befindet sich in einem äußerst desolaten
Zustand und wird erst einmal notdürftig für nur 69 Taler und 16 Groschen ausgebessert.
Als die Kapelle im Schloß abgerissen wird, um für einen geplanten neuen Schloßflügel Platz zu schaffen, bekommt die Gemeinde einen Bodenraum in den markgräflichen Ställen zugewiesen, der nur zeitweise benutzbar ist. Um diesen Zustand zu ändern, ersucht die Gemeinde 1744 den Markgrafen Friedrich Wilhelm, ihnen den Bau eines eigenen Gotteshauses zu gestatten. Friedrich Wilhelm verspricht es und will darüber hinaus das Baumaterial kostenlos zur Verfügung stellen. König Friedrich II. jedoch verweigert dies und ordnet an, daß die Refugies die Stadtkirche St. Katharinennutzen sollen. So bleibt der für die Gemeinde ungenügende Zustand fast dreißig Jahre bestehen. 1771 bietet der Markgraf der Gemeinde seine neue in den Schloßflügel gebaute Kirche an, ohne jegliche Forderungen an die Gemeinde zu stellen. Die Refugies nehmen an, geben jedoch die Hoffnung auf eine eigene Kirche nicht auf.
Das älteste Bild des Berlischky-Pavillons zeigt ein Richterstich des Jahres 1741. Der Schwedter Markgraf Friedrich Wilhelm, zu dessen Erziehung auch ein Italienaufenthalt gehörte, plant schon frühzeitig bei seinem Entwurf der Stadtanlage eine Rotunde in der Nähe des Flinkenberges. Er denkt dabei in erster Linie an eine Grabkapelle für sich und seine Familie. Friedrich Wilhelm selbst kann sein gegebenes Versprechen gegenüber der Gemeinde nicht einlösen. Dies bleibt seinem Bruder, dem letzten Schwedter Markgrafen, Friedrich Heinrich, vorbehalten.




Der aufmerksame Betrachter entdeckt über der Eingangstür eine Tafel mit lateinischer Inschrift:

"Diese Kirche ist Gott, dem Allgütigen und Allerhöchsten
infolge eines Gelübdes gewidmet von Friedrich Heinrich, Prinz
von Preußen, Markgraf von Brandenburg 1777".

Da die Schwedter Bevölkerung gern ihre Scherze über ihre Potentaten trieb, erzählte sich der Volksmund bald, was sich hinter diesem geheimnisvollen Gelübde verbirgt. Friedrich Heinrich soll sich 1741 in der Schlacht bei Mollwitz aus Furcht bei einem österreichischen Angriff in einem Graben versteckt und gelobt haben, wenn er den Angriff und den Krieg heil überlebt, will er der Stadt eine Kirche schenken und am 10. April eines jeden Jahres fasten. Diese Geschichte gehört natürlich ins Reich der Legenden, denn mit dem Gelübde ist nur das Versprechen (lat. EX VOTO) seines Bruders Friedrich Wilhelm zum Bau der Kirche gemeint.
1776 wird mit dem Bau begonnen, dessen Gesamtkosten 3068 Taler betragen werden. Der markgräfliche Landbaumeister Georg Wilhelm Berlischky (1741 - 1805) leitet den Bau und ist auch für die Innenausstattung verantwortlich. Berlischky wurde in der Nähe Berlins, in Märkisch-Buchholz, geboren und 1772 vom Markgrafen zu seinem Landbaumeister berufen. Bereits Jahre zuvor war er für den Markgrafen als Bauinspektor tätig. Im Sommer 1777 ist der Bau bereits so weit fortgeschritten, daß der Turmkopf aufgesetzt werden kann. Über die festliche Einweihung vom 29. April 1779 berichtet das Kirchenbuch:

"Wir haben durch Gottes Gnade die Weihe des Tempels vorgenommen... mit Abendmahl, Taufe und Trauung in Gegenwart Ihrer Königlichen Hoheiten Durchlaucht des Markgrafen von Schwedt und der Prinzessinnen, seiner Töchter, der Äbtissin von Herforden und der Fürsten von Anhalt-Dessau und zahlreicher Standespersonen ... Die Zahl der Teilnehmer am Abendmahl betrug an diesem Tage 55, und zwar 23 Männer und 32 Frauen."

Unmittelbar nach der Weihe werden die sterblichen Überreste des Markgrafen Friedrich Wilhelm, seiner Gemahlin Sophie und seiner beiden im Kindesalter verstorbenen Söhne Georg Phillip Wilhelm aus der Stadtkirche St. Katharinen in die Gruft überführt. Schlicht und einfach sind die Sarkophage des Markgrafen Friedrich Wilhelm
und seiner Frau, mit großem Aufwand aus granitfarbenen Feldsteinen gefertigt. Insgesamt sind hier bis zum Mai 1984 6 Särge der markgräflichen Familie aufgestellt gewesen. Da es eine Schenkungsurkunde des Markgrafen an die Gemeinde nicht gibt, besteht lange Zeit folgender Rechtszustand:






Ansichtskarte von 1958

Die Kirche ist Patronat, die Unterhaltspflicht obliegt dem Besitzer der Herrschaft Schwedt, während sie durch die Gemeinde genutzt wird. Deshalb kann der letzte deutsche Kaiser, Wilhelm II., 1925 der französischen Gemeinde die Kirche schenken. Zuvor wird sie vollständig renoviert und da die Kirchengemeinde das Gotteshaus bereits 1912 aufgegeben hat, wird es fortan als Gedächtnishalle für die Gefallenen des 1. Weltkrieges genutzt.
Weil die eigene Kirche im April 1945 schwer beschädigt wurde, nimmt sich nach dem 2. Weltkrieg die evangelische Kirchengemeinde dem Bauwerk an. Sie setzt die wenig beschädigte Kirche instand. So kann hier der erste Gottesdienst der Nachkriegszeit stattfinden. Im Tausch gegen ein Stück kircheneigenes Land wird die Stadtkirchengemeinde Eigentümer des Baues. 1951 verkauft die Gemeinde ihn wieder, diesmal an die damals zusammengehörende deutsch-reformierte und französisch-reformierte Gemeinde. Es wurde eine umfassende Rekonstruktion nötig, deren Kosten teilweise vom schweizerischen evangelischen Hilfswerk getragen wurden. Im Laufe der Jahrzehnte wird die Gemeinde zwar immer kleiner, kann aber immer noch die finanziellen Mittel zur Erhaltung des Bauwerkes aufbringen. Doch wegen fehlender Lizenzen mußte im Juli 1976, 200 Jahre nach Baubeginn, der letzte Gottesdienst stattfinden.
Bereits 1974 hatten Verhandlungen zwischen der Stadt und der Kirchengemeinde zum Erwerb des Denkmals begonnen. 1976 kaufte die Stadt offiziell das Gebäude und zwei Jahre später, 1979 beginnt eine umfassende Rekonstruktion. Mit dem Kauf verbunden war seine neue Nutzung als Raum für Kulturveranstaltungen
vorgesehen. Zehn Firmen beteiligten sich an den Instandsetzungsarbeiten. Bei der Projektierung entschließt man sich, die Gruft mit den sterblichen Überresten der Markgrafenfamilie zu entfernen, um Platz für eine Garderobe
und sanitäre Anlagen zu erhalten. In Übereinstimmung auch mit der Familie der Hohenzollern werden die Gebeine 1984 in die Gruft des Berliner Doms überführt.
1984 beschließt die Ratsversammlung, die ehemalige Kirche der Hugenotten nach ihrem Baumeister umzubenennen und sie dem Kreiskulturhaus (den heutigen "Uckermärkischen Bühnen Schwedt") als kleine Spielstätte zur Nutzung zu übergeben.
Heute erinnert den Spaziergänger und Konzertbesucher eine Gedenktafel an der Außenfassade an die Geschichte dieses Bauwerkes und an ein längst vergangenes Stück unserer Stadtgeschichte.

Aus einer Broschüre des Fremdenverkehrsverein Schwedt

Fotos & Repro: D. Sill wenn nicht anders angegeben






Quelle: unbekannt


Die Katholische Kirche St.Maria Himmelfahrt
Jüdisches Bad