TEIL 3 - NICHT SLAWISCHE ABSTAMMUNGSTHEORIEN

Neben der allgemein publizierten These, daß Schwedt seinen Namen den Slawen verdankt, gibt es auch andere Deutungen aus dem keltisch - germanischen Sprachgebrauch. Diese werden vor allem von überregionalen Autoren der Gegenwart vertreten. Bei den regionalen Heimatforschern stehen diese nicht hoch im Kurs.
Vollzieht man eine zeitliche Analyse aller Thesen so sticht heraus, daß die slawische Abstammungsthese bereits vor den archäologischen Nachweisen kurz vor Ende des 19. Jahrhunderts aufkam. Grund dafür dürfte die damals gängige Gleichsetzung Schwedt’s mit der Slawenburg „Suitleiscranne“ aus der Sachsengeschichte des Widukind sein, sowie die Nennung des Ortes „Suet“ an der Oder durch den Chronisten v. Probst, bezugnehmend auf ältere Chroniken. Nach der Entdeckung des slawischen Burgwall’s schloß sich der Ortschronist Westermann dieser These an und sorgte für eine Verbreitung dieser in zahlreichen Veröffentlichungen.


Namensherkunft der ehem. Stadt Vierraden (heute Ortsteil) nach Ludwig Herrig

Daß diese slawische Ableitung durchaus problembehaftet ist, beschreibt Hanswilhelm Haefs in seinem „Handbuch zur Kunde deutschsprachiger Ortsnamen“ aus dem Jahre 2006. Er vertritt die Meinung „... daß die slawische Etymologie gründlich auf griechische Wurzeln neu untersucht werden sollte (S. 40), statt von slawisch-autochthonen Worten aus indogermanischen Wurzeln auszugehen...“ Abschließend kommt er zu dem Fazit, daß für angeblich slawische Ortsbezeichnungen durchaus „ nichtslawische Wurzeln unbedenklich ansetzbar“ sind. (S.33)
Auch Joseph Bender kommt bereits 1844 in seinem Buch „Deutsche Ortsnamen“ (S.92) zu dem Schluß, daß vor allem einsilbige Ortsnamen (wie Schwedt - Anm. d. Verfassers) keine Deutungen aus dem Slawischen ermöglichen. So ist es nicht weiter verwunderlich, daß auch heute noch eine etymologische Ableitung der Schwedter Ortsbezeichnung aus dem Keltisch - Germanischen in Betracht zu ziehen ist.
Grundsätzlich zu beachten ist dabei die Häufung der Silbe „Schwe“ im Oderraum. Dies kann kein Zufall sein und steht höchstwahrscheinlich in Zusammenhang mit dem antiken Namen der Oder = Suebus (siehe http://www.transodra-online.net/de/node/7423 oder Teil 1 dieser Ausarbeitung) und dem an ihren Ufern ursprünglich ansässigen Germanenstamme der Sueben. Mit der Lautverschiebung des „u“ nach „w“, sowie einer Sprachübernahme des „s“ in einen slawischen Zischlaut ( regewandelt “sch“), wird ein Zusammenhang offensichtlich (siehe slawische Zischlaute in Städtenamen bei Riedel). Einige Publikationen greifen diesen Gedanken auf und verweisen auf die Ableitung durch ein altgermanisches Wort für eine „glitzernde“ Wasseroberfläche, welches auch bei der Namensgebung des Schwedt-See's bei Fürstenberg Pate gestanden haben soll. Auffällig ist dabei auch eine gewisse Kongruenz zum slawischen „swetly“ = licht, glänzend. Dies dürfte allerdings nur purer Zufall sein.
Auch Thomäe greift eine mögliche keltisch - germanische Abstammung auf. Er verweist auf das keltische „sua“ = Wasser und ähnlich klingende Ortsnamen wie Schwetz, Schwetig oder Schweinitz im Odergebiet. Zusätzlich und für ihn plausibler nennt er das keltische Wort „suidh“ = Sitz, Niederlassung und hält eine Übernahme keltisch - germanischer Begriffe durch die Slawen für möglich. Diese Deutungsversuche Thomäe’s sind wenig überzeugend und konnten von mir nicht auf Richtigkeit überprüft werden. In den mir zur Verfügung stehenden keltisch - germanischen Wörterbüchern konnte ich diese Wörter leider nicht bestätigt finden.
Eine durchaus interessante Deutung liefert Ludwig Herrig (1866) in seinem Werk „Archiv für das Studium der neueren Sprachen und Literaturen“. Dieser ist der Überzeugung, daß sich der Ortsname Schwedt aus der „...Präposition schi, an, bei und Weda, d.h. das Wasser...“ zusammen setzt. Seine durchaus fachliche Fähigkeit findet sich in der Deutung unseres Nachbarortes Vierraden bestätigt (siehe obige Kopie), welche die landläufige These der „Mühle mit den vier Rädern“ ad adsurdum führt.
Letztendlich zeigen die hier genannten Möglichkeiten, daß eine Übernahme von vorherrschenden germanischen Orts-, Flur- und Gewässerbezeichnungen durch die Slawen mit hoher Wahrscheinlichkeit gegeben ist und daher eine etymologische Ableitung der Schwedter Ortsbezeichnung, entgegen aller in jüngster Zeit veröffentlichten regionalgeschichtlichen Publikationen, nicht genau erfolgen kann.

(DS, 12.07.2010)



Namensdeutung nach Ludwig Herrig (1866)


Ergänzung